Platz-nehmen

Das weiße Regal und das Chaos

Bei mir im Wohnzimmer steht auch dieses eine weiße Regal, das in irgendeiner Art in vielen Wohnungen vorhanden ist. Meines ist noch Generation Expedit, heute heißen sie ja anders.

Dieses eine Regal fand vor genau sieben Jahren seinen Platz in meiner Wohnung. Neu eingezogen, finanzielle Ressourcen eher knapp war es damals die beste Lösung. Seitdem hat es mich viel beschäftigt. Ein Regal? Ja genau, auch ein Regal kann mich beschäftigen. Es spiegelt so schön meine Phasen und Befindlichkeiten wider.

Im Grunde genommen bräuchte ich zwei Wohnungen. Die eine wäre ganz minimalistisch und stylisch Ton in Ton eingerichtet mit akzentuierter Deko bzw. Kunstobjekten, immer aufgeräumt, immer sauber – wie aus dem Ei gepellt – skandinavisch reduziert aber warm. Die wäre meine Oase für meine Strukturphasen, Monk-Anteile und jetzt Ist-mir-grad-wieder-alles-zu-eng-Zeiten. Und dann gäbe es diese andere Wohnung, die Da-pulsiert-das-Leben-Wohnung, groß, bunt, lebendig mit einem eigenen Raum für all meine Bücher. Ohne Stress, dass die Servietten nicht zum Geschirr passen, die Bücher nicht farblich sortiert sind (ja, es gibt Menschen, die sortieren ihre Bücher nach Farben!!!) und außerdem und sowieso. Genügend Platz für meine beiden Kater und ihre Möbel.

Mein Regal steht so zusagen für diese beiden Pole in mir, spiegelt mir  meinen Umgang mit ihnen.

Anfangs war es ja nur als Bücherregal gedacht, das reine minimalistische Regal – nur Bücher und sonst nichts.

Ein Jahr hielt ich es aus, dann machte mich die Buntheit im Regal „narrisch“, war für mich fast nicht auszuhalten. Also alle Bücher raus und ins Bücherregal ins Schlafzimmer verbannt. In mein Expedit sollten nur mehr wohldosiert „Kunstgegenstände“ Platz-nehmen. Aber nicht lange! Zuviel freie Fläche verführt zum Hinlegen – zumindest mich. Und in einer 60m2 Wohnung spielt es auch nich viel mit minimalistisch und reduziert. Da braucht es Stauraum. Zusätzlich merkte ich auch, dass ein Wohnraum ohne Bücher kein Wohn.raum für mich ist.

Somit wieder einige Hartbänder rüber, damit es zumindest etwas ordentlich kombiniert mit wohnlich aussah. Dazwischen natürlich die Kunstgegenstände, weil es ja auch stylisch eingerichtet wirken sollte.

Dann kam die Boxen-Phase. In der untersten Reihe braucht es Boxen, gibt ja auch so schöne. Zuerst waren sie hellviolett, leider zu durchsichtig. Dadurch sah man die Unordnung hinter der Ordnung. Dann wurden sie kompakt weiß.

Es wirkte zusammengeräumter. Nicht lange, dann sah es schon wieder sehr bewohnt aus. Manchmal sogar im wahrsten Sinn des Wortes 🙂

Gott sei Dank gibt es ja auch Türen und Laden zu diesem Regal. Es durften aber nicht zu viele sein, weil es dann wieder unpersönlich wäre. Und eigentlich nervte mich sowieso schon das ganze Regal.

Doch eine wirklich guten Alternative habe ich bis heute noch nicht gefunden.

Es kam dann die Zeit der Lehrgänge und Schulungen. Papierberge begannen sich in diesem Regal zu türmen. Vom papierlosen “Büro” konnte ich nur träumen. (Wären aber – bis auf das Platz-Thema  eher Albträume – ich liebe nämlich Papier und Bücher.) Doch bei aller Herumschlichterei, irgendwann war es doch wieder zu viel Unordnung und Chaos. 🙁

Kleinfachlösungen mussten her. Die einen Fächer waren zu klein, die einen zu hässlich, die anderen zu teuer und außerdem und sowieso und überhaupt.

Gefunden hab ich dann halbwegs was. Aber halt auch nur wieder ein Kompromiss. Doch schnell sah es wieder aus wie bei Hempels unterm Sofa.

Tja, was soll ich sagen? Gefühlte 100 mal schon 100kg Papier aussortiert und weggetragen und doch scheint es immer mehr zu werden. Es nervte mich!

Am Donnerstag war ich nach langer Zeit wieder einmal im schwedischen Möbelhaus. Dort gäbe es ja grundsätzlich für fast alles eine Lösung und so kam ich inspiriert nach Hause zurück. Doch leider fehlt mir für so viel Inspiration einfach eine handwerklich geschickte Person.

Dann war gestern meine Freundin Tina da. Ich klagte ihr mein Leid von zu viel Papier und zu wenig Wohnung und Ordnung. Wahre Freundschaft ist, wenn die Freundin ein Zusammenräumen anstößt, obwohl sie selbst genug zu tun hätte. Und was soll ich sagen?

Sieh selbst! 

Und wir haben so zusammengeräumt, dass an meinem Esstisch nun am vierten Stuhl wieder Besuch Platz-nehmen kann. 🙂

Heute Morgen als ich ins Wohnzimmer kam, war die Ordnung im Regal richtig spürbar für mich. Es wirkt so ruhig und friedlich – eine ganz besondere Stimmung.

Irgendwann wird es im weißen Regal wieder anders aussehen 😀 aber jetzt gerade freue ich mich einfach.

Kennst Du das auch? Hast Du auch so ein Regal, einen Platz der Deine Befindlichkeiten spiegelt? Dich beschäftigt?

Ich freue mich auf Deinen Kommentar.