Wir hatten in den 80iger und 90iger Jahren unsere Modetrends, mit denen wir unsere Eltern auf die Palme brachten. Ich kann mich noch erinnern, ich war ca. 16 Jahre, da waren gebrauchte Bundesheer-Hosen modern. Der letzte Schrei – ja, der kam von meinem Vater als ich so lange nervte, bis ich eine bekam – leider nur eine Neue. Das war sein Kompromiss, entweder eine Neue oder gar keine. (Es gab eine Zeit, da hatten Eltern auch mit 16 noch ein Mitsprache-Recht – vor allem, wenn das Taschengeld knapp war. 😉 )
Oder die Jeans mit den weißen Biesen an der Seitennaht, Cowboy-Stiefel, Rüschenblusen, Blazer hinaufgekrempelt, Schipullis von Papa 100x an den Ärmeln umgeschlagen bis sie gepasst haben etc. Im Rückblick war manches wirklich hässlich, aber zu jener Zeit waren wir sehr stolz auf unseren Modegeschmack. Wobei – damals war Mode in der gutbürgerlich, manchmal als spießbürgerlich empfundenen Welt, in der ich aufwuchs noch nicht sooo ein Thema. Da ging es eher um sauber und ordentlich, denn um Modetrends.
Wie oft werden die Hände beim Betrachten eines Fotoalbums über dem Kopf zusammengeschlagen, ob des Kleidungsstils der letzten Jahrzehnte. Was für die einen superchic und der letzte Schrei ist/war, lässt die anderen schreiend davon laufen. Mode – über Geschmack lässt sich streiten. Es ist gut, so wie es ist.
Und ja, es stimmt, gleichzeitig hört Ihr auch mein Aber.
Zugegeben, ich gehöre nicht (mehr) der Zielgruppe an, die für ModemacherInnen interessant ist – 50plus und Frau von Format. Und in der mich bekleidenden Nische, gibt es IHN nicht einmal, der mein Gemüt unter anderem gerade erregt (Ja, ich habe auch noch andere Probleme – leider 🙂 ).
Als Neo-Bloggerin bin ich nun auch Mitglied in diversen Bloggergruppen auf FB und ob ich mag oder nicht, gibt es täglich auch Fotos über die neuesten Modetrends in meiner Timeline. Irgendwie ja auch interessant, was „man“ heute so trägt. Vieles finde ich hübsch, manches würde ich auch gerne tragen, wenn ich denn die Figur und/oder das Alter dazu hätte, manches gefällt mir gar nicht. Und bei manchen Trends bin ich fast froh, dass ich nicht mehr mithalten muss/kann und mir das Alter die Freiheit gibt, auch mal zu verweigern.
Und dann gibt es ihn, den einen Trend mit dem ich gar nichts anfangen kann. Und ich meine jetzt nicht in Bezug auf Geschmack. Sondern – ich weiß, Ihr sieht jetzt gerade meinen moralisierenden Zeigefinger vor eurem inneren Auge – aufgrund meiner Bedenken in Bezug auf Ethik und Nachhaltigkeit. Ja, richtig gehört auch in Bezug auf Ethik.
Wovon ich rede? Von den destroyed Jeans – je oller desto toller sehe ich immer weniger Jeans, immer mehr Löcher und immer mehr nackte Haut.
Meine Bedenken gelten NICHT der nackten Haut – das können alle so halten, wie sie wollen, not my business. Meine Bedenken gelten der Produktion und dem Gedankengut. Sind wir als Konsumenten wirklich schon so übersättigt, dass es solche Trends braucht? Kaputt, zerschlissen, zerfetzt? Gerade heute gab es wieder einen Artikel über unser textiles Konsumverhalten – viel scheinen wir als Gesellschaft in den letzten Jahren nicht dazugelernt zu haben – trotz diverser Detox-Kampagnen, Zeitungsartikel und Informationen auf Social Media Kanälen. Kein armer Mensch würde solche Kleidungsstücke tragen, wenn er sich neue Kleidung leisten könnte. Kleidung, die neu so zerschlissen ist, wie alte, gebrauchte Jeans nie geworden wären. Lange vorher wäre sie in den Kleidercontainer verschwunden. Bei Bettlern und obdachlosen Menschen mokiert man sich über deren Kleidung, um dann selbst in „Fetzen“ den großen Auftritt zu haben? Und das zu Preisen, die oft höher als das monatliche Einkommen eines Arbeiters oder einer Arbeiterin in den textilproduzierenden Ländern sind.
Ich weiß, das klingt gerade ziemlich polemisch. Aber Hand aufs Herz, kann es das wirklich sein?
Die andere Seite ist die Produktion. Baumwolle ist eine der wasserintensivsten Pflanzen im Anbau. Kurz bis mittelfristig braucht es Alternativen, da sie zumeist nur in Ländern wächst, wo es grundsätzlich schon zu wenig Wasser gibt. Dazu kommt noch, dass diese Art der „Veredelung“ noch umwelt- und für die ArbeiterInnen gesundheitsschädlicher ist als die normale Produktion von Jeans. Durchwegs ist auch in diesen Jeans auch Elasthan enthalten, was das Recycling danach – wenn die Jeans dann nicht mehr im Trend liegt, fast unmöglich macht.
Braucht die Welt wirklich diese Art von Mode? Zerstört bevor getragen?
Sicher, man könnte jetzt sagen, dann schau doch einfach weg, du musst sie ja nicht kaufen. Oder auch, dass ich einfach zu alt bin, um das zu verstehen. Das mag alles stimmen und doch mache ich mir so meine Gedanken.
Wie denkt Ihr darüber?