Heute saß ich auf meiner Terrasse, sinnierte so vor mich hin und machte mir “Frühlingsgedanken”. Plötzlich poppte der Gedanke auf, eine Pflanze müsste man sein da. Das Leben wäre sicher nicht einfacher und auch weniger mobil. Doch gibt es so viel, was ich beim Philosophieren an einem lauen Frühlingstag an ihnen weise und bewunderswert finde.
Über Pflanzen und Frühlingsgedanken
Zuerst ist da ihre Zielgerichtetheit, die sie ausstrahlen. Fragt sich eine Pflanze, soll ich oder soll ich noch nicht austreiben, soll ich oder soll ich nicht blühen, soll ich oder soll ich nicht Früchte tragen? Entscheidungen werden getroffen und durchgezogen – nicht dieses Ich-kann-es-ja-mal-probieren-oder-vielleicht-doch-besser-nicht-oder-vielleicht-doch? Man stelle sich die ersten Krokusse vor, heraus aus der Erde – zurück in die Erde – oder doch schon raus. 🙂
Oder kennt Ihr diese kleinen Gänseblümchen, Löwenzähne oder Grashalme, die sich durch den Asphalt bohren, Pflanzen, die in Mauerritzen wachsen und gedeihen?
Oft stehe ich davor und bewundere sie. Welche Lebenskraft, welcher Lebenswille treibt die Samen, sich durch solche Hindernisse zu wachsen? Ich finde es unglaublich!!! Stellt euch in Relation die Asphaltdecke vor, durch die wir uns bohren müssten. Schnell würden wir aufgeben und nicht glauben, dass wir das schaffen könnten.
Oder der erste Huflattich, der sich im Frühling zeigt – manchmal ein kleiner einsamer Kämpfer.
So scheint es zumindest auf den ersten Blick. Ob der sich wohl fragt, ob die anderen auch noch nachkommen? Er alleine bleibt? Oder noch verborgen in der Erde warten sollte, damit er nicht der Erste im neuen Frühling ist und damit auffallen könnte? So wie viele Menschen nicht gerne Pioniere sind, weil es einfach herausfordernd ist.
Das “schwarze” Schaf im Frühling
Manchmal finde ich in einem „Meer” von Leberblümchen ein weißes oder rosafarbenes. Auch bei den rosafärbigen Lerchensporn-Feldern ist immer mal wieder ein weißer dabei. Ob sich die blöd vorkommen zwischen all den anderen, die rosafärbig sind? Nur nicht auffallen, ist ja auch so eine weitverbreitende menschliche Haltung. Gleichzeitig sind die Blumen nicht in Konkurrenz. Vielleicht sind sie sogar zufrieden, dass sie so scheinbar alle gleich aussehen, da müssen sich einzelne nicht unbedingt hervortun. Und sie rücken zusammen, manchmal scheint es eng, aber doch haben sie alle Platz.
Pflanzen ziehen auch nicht den Kopf ein, damit der berühmte Krug an ihnen vorübergeht. Nein sie präsentieren sich in ihrer vollen Schönheit und strahlen den Betrachter und die Betrachterin an. Denken sie daran, sich klein und unscheinbar zu machen, damit sie niemand sieht? Und sie somit auch nicht verletzen kann? Was mir nur für Frühlingsgedanken kommen. Da bin ich selbst ganz überrascht.
Der Kampf mit der Pfingstrose
In meinem Garten – mein kleiner grüner Schuhkarton – fechte ich seit 7 Jahren mit einem Pfingstrosen-Triebling einen Kampf aus. Es kommen nur ganz feine, dünne Blätter sonst nichts. Seit 7 Jahren reiße ich ihn aus, seit 7 Jahren treibt er wieder aus. In dieser Zeit habe ich auch meinen „Rasen“ zweimal „umgraben“ lassen. Es ist hier sehr moosig. Den Pfingstrosen-Triebling stört das nicht, er ist jetzt das achte Mal da.
Ich bewundere ihn, mit welcher Geduld und Hartnäckigkeit er sich mir jedes Jahr widersetzt. Jedes Jahr probiert er wieder, mich zu überzeugen ihn stehen zu lassen. Jedes Jahr probiere ich wieder, ihn zum endgültigen Verschwinden zu bringen. Schauen wir mal, wer von uns beiden gewinnt. 🙂
Die Gartenbesetzer
In meinem Garten wächst zur Zeit auch Scharbockskraut. Es hat mich nie gefragt, ob es Platz nehmen darf, ob es mich freut, dass es da ist. Nein, es platziert sich so selbstverständlich, als ob ihm der Garten gehört. Unglaublich diese Impertinenz. 🙂 Und doch ziehe ich vor so viel Hartnäckigkeit meinen imaginären Hut.
Und wenn es nicht gerade eine einjährige Pflanze ist, dann wirkt auch die Kraft der Sicherheit in den Pflanzen, so denke ich es mir halt. Sie passen sich dem Lauf des Lebens an, dem Werden, dem Sein, dem Vergehen, dem Sterben. Sie geben sich dem Wandel hin, im Vertrauen darauf, dass er sich im Jahr darauf wiederholt. Das nennt man wohl den Fluß des Lebens.
Welches Vertrauen sie in sich und ihre Kräfte haben, in ihr Leben!!!
Das Ergebnis meiner Frühlingsgedanken-Philosophiererei – eine Pflanze müsste man sein. 🙂