Platz-nehmen

Braucht es immer eine Lösung?

Letztens hatten meine Freundin Tina und ich eine Diskussion. Es ging um meinen kürzlich veröffentlichten Blog-Beitrag Die Sache mit der Fummelei, der – ich gestehe – nicht der große Reichweiten-Bringer war. Und so grübelte ich, ob es der – zugegebenermaßen provokante Titel war, der kein Interesse weckte. (off topic: Zumindest hatte ich innerhalb von 2 Minuten den ersten Kommentar – ein Spam Viagra-Werbung 🙂 )

Oder möglicherweise nur ich Probleme mit den diversen Verpackungs-Hindernissen habe und dazu noch in die Zukunft an das Älter werden denke. Dem dürfte aber nicht so sein, wie ich aus persönlichen Gesprächen mit ähnlichen Erlebnissen heraus hören konnte.

Da meinte Tina, das Problem sei, dass ich keine Lösung anbieten würde. Ich würde keine Lösung anbieten, wie es mit der Verpackung unkomplizierter funktioniere. Sie hat damit natürlich vollkommen Recht. Doch irgendwie regte sich auch Widerspruch in mir. Braucht es immer gleich auch Lösungen? Dürfen Themen/Wahrnehmungen in einem ersten Schritt nicht einfach mal nur benannt werden?

Sicher gäbe es auch zu diesem Thema mindestens 5 Tipps als Erleichterung für das Verpackungs-Dilemma. Doch möchte ich die Intelligenz meiner Leserinnen und Leser beleidigen, in dem ich die offensichtlichen Möglichkeiten aufzähle? Und ist dann kein Problem mehr, weil auch Lösungen vohanden sind? In einem weiteren Schritt gestehe ich, dass ich aushalten muss, eben auch mit keiner einmaligen, großartigen, spektakulären Lösungen aufwarten zu können. Man könnte ja jetzt sagen, dann schreib halt nicht über ein Thema, bei dem Du nichts zu einer Lösung beitragen kannst. Wäre auch eine Möglichkeit,  oder?

Für mich stellt sich nun die Frage, ob die Lösung immer eine Lösung ist. Braucht es nicht zuerst einmal das Wahrnehmen? Wenn ich ein Problem, eine Herausforderung nicht sehe, dann wird es dazu auch keine Lösung geben – meine Logik. Ergo wäre das Problem wahrnehmen und benennen der erste Schritt. Möglicherweise kommt es ja vom Wahrnehmen bis zu einer genialen Idee und weiter zur Lösung. Und ich werde doch noch berühmt. 🙂

Die Welt ist heute so komplex wie noch nie. Wir fühlen uns oft überfordert, weil eins und eins zu oft nicht mehr nur zwei ist. Lösungsansätze fühlen sich oft wie Formeln diverser Excel-Tabellen an.

Die Politik zeigt, wer die einfachste Lösung propagiert und das noch möglichst laut, siegt. Der Ruf nach dem starken Mann, der Probleme für uns löst, wird immer lauter, sozusagen als Ersatz für die Eltern, die früher scheinbar immer eine Lösung hatten für Probleme, Schmerzen und Liebeskummer.

In den sozialen Netzwerken oder Frauen-Zeitschriften wimmelt es nur von Beiträgen wie:

Die Liste kann beliebig fortgesetzt und vervollständigt werden. 🙂

Dazu kommt noch ein riesiger Markt von Beratern und Beraterinnen, Coaches und dementsprechender Literatur. Nicht immer aber oft werden auch hier (zu) einfache Lösungen geboten. Ich liebe Ratschläge, die in etwa so beginnen: „Du brauchst ja nur…“ Alles ist soooo einfach und für jeden zu schaffen. Und falls man es nicht schafft, ist die Lösung wirklich ganz einfach. Man ist zu blöd oder willensschwach dazu, weil sonst wäre ja alles kein Problem. Oder Menschen, die mir MEINE Welt erklären, zu einem Zeitpunkt, wo sie sich noch nicht mal meinen Namen merken konnten. So wird Geld verdient, viel Geld, wahrscheinlich sogar sehr viel Geld.

Doch um noch einmal auf die Frage zurückzukommen, braucht es immer eine Lösung? Sind meine oder auch andere Texte/Blog-Beiträge nur interessant, wenn Lösungen geboten werden? In Form von ich-weiß-was-besser oder ich-habe-ein-Produkt-mit-dem-wirst-du-… – sozusagen wenn ich etwas zu verkaufen habe?

Ab und an oder eher ganz oft würde ich mir auch die einfachen Lösungen wünschen. Ich hätte es optimal gefunden, bei meiner Geburt gleich mein persönliches Lösungsheft auf den Weg mitzubekommen. Sozusagen als Geburts-Geschenk – programmiert auf eine bestimmte Versuchsdauer. Nach Ablauf dieser Zeit dürfte ich nachsehen, was denn die  Lösung wäre. Leider, ich gestehe und enttäusche, habe ich es nicht mitbekommen. Also bitte auch kein Neid. 🙂

So muss ich auch heute mit meinen 50 gelebten Jahren in manchen Situationen ausharren, ohne eine Lösung parat zu haben. Doch das ist der Erfahrungs-Schatz des Alters – manche Situationen gehen vorbei – auch ohne gelöst worden zu sein.

Ich werde auch in diesem Blog-Beitrag keine Lösung anbieten, weil ich schlichtweg keine habe. Dafür bleibe ich im Prozess und bin somit prozess-orientiert. 🙂

Wie seht Ihr das mit den Lösungen?